Montag, 19. November 2012

Für Georg Heym († 1912)

Von Nebelschwaden sind umhüllt
die Häuser einer großen Stadt.
Ein Dämon frisst sich heute satt.
Ein Güterzug im Bahnhof brüllt.

Und wenn Giganten aus dem Meer
erheben sich in großer Zahl,
und wüten hier zum letzten Mal
auf Hufen stehend, tonnenschwer,

Dann ist, wenn bald der Tag beginnt,
hier Platz und Straße leergefegt,
ein Biest, das hat die Stadt zerlegt
und übrig ließ es nichts als Wind.

Claus Caraut

Montag, 12. November 2012

Biernot, die

Mein Bruder schrieb mich neulich an:
"Kein Bier im Haus, Herr Carautmann!"
"Perdauz!", war meine Antwort schlicht,
"warum schaust du im Keller nicht?"
Durchsuch doch das Gehäuse.

"Perdauz zurück, mein Herr Caraut!
Denkst du, da hätt ich nicht geschaut?
Da liegt ne leere Flasche Wein,
ein Kinderstuhl und obendrein
Zwei Plastiknikoläuse."

              Zuerst
                        hab ich
                                    mir noch
                                                  gedacht:
                                      das wär
                       doch echt
           mehr als
gelacht,
            wenn ich
                          den Kas-
                                        ten Bier
                                                    nicht fänd.
                                        und bin
                           gleich in
             den Kel-
 ler grennt.
Doch: Mäuse, nichts als Mäuse.

Claus Caraut

Samstag, 15. September 2012

Die traurige Ballade vom Schatz im Acker (Mt 13,44)

Die Story fängt wie viele an:
Es war einmal ein Wandersmann,
dem war ein bisschen fad.
"Wenns hundert Meter weiter geht
und stets kein Hofbräuhaus dort steht,
verlass ich diesen Pfad."

So lief der brave Wandrersgsell
und seine Schritte wurden schnell,
er sah ein Wirtshaus stehn.
Da kürzte er die Strecke ab
und wirbelte den Wanderstab,
da hat ers übersehn:

Ein Ding stand aus dem Feld hervor,
Kein Kasten war es und kein Rohr.
Es war eher ne Box.
Da schlägt er hin und blutet sehr,
doch schlechte Laune ist nicht mehr:
"Potzblitz! Hinschlagen rocks!

Wenn ich jetzt einen Schlüssel hätt,
die Schmerzen machte es mir wett."
Die Neugier war erwacht.
So kehrt er heim und denkt nicht nach,
verkauft sein Haus, samt Klo und Dach.
Und geht noch in der Nacht

zum Acker seinen Bauern hin
und kauft das Feld (mit allem drin)
und zahlt ihm Abfindung.
Und wankt zum Feld und sucht den Schatz
Doch liegt der an nem andern Platz.
Klar: Flurbereinigung!

Claus Caraut

Mittwoch, 13. Juni 2012

Sonntag, 10. Juni 2012

Variationen über "Die Sirenen" - Teil 1

Die Irenen

Die Eine macht den Abwasch klar,
die Andre stopft die Strümpf,
ich und die Dritte sind ein Paar.
Jetzt fehlt noch vier und fümpf.

Claus Caraut

Dienstag, 5. Juni 2012

Unter Frotteuren

Der Bus um 6 Uhr in der Früh,
der ist bis hinten voll.
Da mach ich mir doch gern die Müh'
und leiste Liebeszoll.

Und mittags lockt die U-Bahn mich,
denn die ist eng und warm.
Da wirds so richtig körperlich
meist streift mich gar ein Arm!

Bis spät zur Nacht verweil ich dann
im IC 110.
Wobei ich nur noch sitzen kann.
(Das kommt vom vielen Stehn.)

Claus Caraut

Montag, 21. Mai 2012

Blüte/Bube/Buch

(nach Barthold Heinrich Brockes' Kirsch-Blühte bey der Nacht)

Mit staunendem Gemüte sah
nen Kirschbaum, welcher blühte da,
es war schon Nacht und dunkel auch,
ich. Und aß Butterbrot mit Lauch.
Den Baum sah ich genauer an
und dachte dann so bei mir: "Mann,
der Baum echt weiß wie blöde ist."
Ich weiß das, denn ich bin Florist.
In dem Moment, als ich das sah,
da wurd ich andren Weiß's gewahr.
Denn auf dem Baume saß ein Knab,
der riss vom Baum die Blüten ab.
Ich sagte, Bub, wo ist dein Paps?
Für Vandalismus gibts nen Klaps.
Denn Kirschenblüten reißt man nicht,
sonst kommst du Bengel vor Gericht.
Der Knabe sagt zu mir: "Opfehr,
nen Vater hab ich nimmermehr.
Auch schwör ich bei des Mondenscheins:
ein Mutter hab ich ehmso keins."
Da war es einmal offenbar,
dass dieser Knab ein Waise war.
Noch waiser als der Baum davor.
Da plötzlich schrie er mir ins Ohr:
"Ey, Alter, hast du nicht gewusst,
dassd' Gelbe Seiten fragen musst?"
Dies brachte die Erkenntnis mir:
nicht Blütenweiß noch Waise hier,
erfassen Weisheit so wie die
von Gelbe Seiten Germany.

P.S.:
Und weiser, darauf mein Geheiß:
ist Schriftweiß lediglich auf Weiß.


Claus Caraut

Freitag, 20. April 2012

Der Panker

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Schaben
so müd geworden, er hält nichts mehr aus.
Auch nicht sein Bier, wo sich nun Schaben laben
und neben tausend Schaben eine Laus.

Die Punker-Gang vorm Bahnhof Würzburg Mitte,
die sich zum Sound vom Ghettoblaster dreht,
schwoft einen Tanz, vergisst mit jedem Schritte,
dass da, wie schon erwähnt, die Schabe steht.

Die Schabe aus der Mitte ruft: "Pass auf, Claus!
Sonst kommt noch dein Gedicht vom Thema ab."
"Der Panker sollt es heißen!", sagt die Spitzmaus.
Und nicht Brehms Tierleben, du alter Dapp."

Claus Caraut

Mittwoch, 11. April 2012

Wenn die Weight Watchers zuschlagen

Der Apfelbaum am frühen Tage... der...
hm... der... hm. ja... der...

(Gedichtsverlust)

Claus Caraut

Montag, 9. April 2012

Eastern Airlines

Der Osterhas', der Osterhas',
der schaute oft zu tief ins Glas.
Da sprach sein Chef, die Ostermaus:
"Reiß dich zusamm', sonst fliegst du raus!"

Da sagt der Osterhas' zum Schenk:
"Ich hätte gern noch ein Getränk!"
Und trinkts. Und fliegt. Ihr Kinder, schauts:
Da oben fliegt der Osterkauz.

Claus Caraut

Mittwoch, 21. März 2012

Frühlingsdicht

Der Frühling rollt den Rasen aus,
der ist schon voller Tier.
Die Kinder sprießen aus dem Haus
im Park schreit ein Klavier.

Die Hasen tanzen Ringelreihn,
im Möbelhaus ists leis.
Der Schuldirektor sperrt sich ein,
das Bächlein schleckt am Eis.

Die Wölkchen, die verlieben sich,
die Sonne steht im Hof.
Die Blume macht die Läden auf,
der Pollen macht mich doof.

Claus Caraut

Dienstag, 13. März 2012

ottos mob

ottos mob

ottos mob kommt
ottos mob tobt
otto: oh no!

ottos mob klopft
ottos mob stopft
ottos mob: stoßt otto! stoßt schon!

ottos horror groß
ottos mob tost

ottos mob stoppt
ottos mob: so!
otto tot

Claus Caraut

Sonntag, 4. März 2012

Unterschätzte Erfindungen der Weltgeschichte - Teil 1: ELITE

Der Graf von Glasgow war gewohnt,
zu fragen Elli, seine Magd:
"Du, Elli, ob es sich noch lohnt,
mir Tee zu holen?", bis sie klagt:

"Nen Tee? Was? Jetzt noch? Bist du toll?
Wir haben doch schon Viertel neun.
Um fünf Uhr warn die Kannen voll.
Würd ein Glas Wasser Sie erfreun?"

"Och Menno", schrie der Graf erbost,
"im Herz tut mir dein Starrsinn weh!"
Sie schnaufte "Na, dann Euch zum Trost."
Da kochte sie ihm Ellitee.

Claus Caraut

Samstag, 11. Februar 2012

Die Flut (Genesis 6-9)

Und da kam der Regen. Und er kam
Unstet, wogend, wie ein kranker Hund.
Kam und gab sich und nahm ohne Scham
Alles von der Mutter Erden Grund.

Weder Ameise noch Großgetier,
flohen vor der eisig kalten Flut.
Hatten sie doch sicheres Quartier,
Hatten sie doch Arbeit mit der Brut.

Und so nahm er alles, was da war.
Ganz egal, wo, in dem Erdental.
Erst ertranken Maus, Hund, Dromedar.
Schließlich selbst Giraffen ohne Zahl.

Nur der Fisch
nisch.

Claus Caraut